Feuerwehren in Osterode trainieren Notsituationen
(MDP) „Mayday, mayday, mayday – LF Freiheit 2 – Truppmann nach Deckeneinsturz verschüttet, Luft geht zu Ende, Standort 1. OG, rechte Hand – Mayday, kommen“ hört man aus dem Funkgerät. Der Gruppenführer vor dem Gebäude wird unruhig, bestätigt den Notruf und spricht den Sicherheitstrupp an. Zwei weitere Feuerwehrmänner, die voll ausgerüstet bereit stehen, schließen ihre Atemschutzgeräte an, nehmen weiteres Werkzeug mit, registrieren sich bei der Atemschutzüberwachung und machen sich auf den Weg am Schlauch entlang in das Gebäude, in den Qualm. Dieser Trupp, der als Standardmaßnahme bei Einsätzen von Atemschutzgeräteträgern in Gebäuden oder Gefahrenbereichen bereitgestellt wird, macht sich auf den Weg, um den beiden Kameraden in Not in dem brennenden Gebäude zu helfen und sie zu retten. Parallel machen sich weitere Atemschutzgeräteträger bereit, um den Sicherheitstrupp mit weiterem Gerät oder bei der Rettung zu unterstützen.
„Feuerwehrleute werden eigentlich dazu ausgebildet, andere Menschen aus gefährlichen Situationen zu retten. Leider kann es dabei auch vorkommen, dass die Retter selbst in Not geraten, dass haben tragische Atemschutzunfälle wie beim Brand im Göttinger Oeconomicum im Juli 2006 mit einem toten Kameraden und mehreren Verletzten gezeigt. Es ist zwar äußerst selten und bei uns noch nicht vorgekommen, aber die schweren Folgen zwingen uns, auch solche Szenarien zu trainieren“, erklärt Stadtbrandmeister Thomas Schulze. Die Bandbreite der Vorfälle reicht dabei vom einfachen Umknicken auf der Treppe eines Brandhauses, dass daraufhin nicht mehr verlassen werden kann, über Defekte am Atemschutzgerät, die einen Luftmangel zur Folge haben, einer Durchzündung, in der die Kameraden Verbrennungen erleiden bis hin zu Gebäudeeinstürzen oder Abstürzen durch durchgebrannte Decken.
Um sich auf die beschriebenen Szenarien vorzubereiten, ein möglichst breites Spektrum an Rettungsmöglichkeiten zu kennen und die notwendigen Maßnahmen in einer solchen Stress- Situation sicher zu beherrschen, trainierten 30 Feuerwehrleute im Rahmen der jährlichen Fortbildung der Feuerwehren der Stadt Osterode kürzlich das Vorgehen in derartigen Fällen. „Ein solches Szenario bewältigt keine unserer Ortsfeuerwehren allein, daher ist das gemeinsame Training so wichtig. Die Teilnehmer sind dabei Multiplikatoren in ihren Wehren“ sagt der stellvertrendende Stadtbrandmeister und Leiter einer Arbeitsgruppe „Atemschutz“ der Stadtfeuerwehr, Reiner Wode. „Zudem muss die in benachbarten Wehren vorhandene Technik und eine einheitliche Taktik im Atemschutzeinsatz bekannt sein. Mit der im Jahr 2011 eingerichteten Arbeitsgruppe sind wir auf dem richtigen Weg, das zeigen die ersten durchgeführten gemeinsamen Fortbildungsveranstaltungen und auch erste Erfahrungen im Einsatz, wie zuletzt beim Brand in der Aegidienstraße“, ergänzt Thomas Schulze.
Der Sicherheitstrupp hat zwischenzeitlich den Atemschutztrupp in Not erreicht. Die Ausbilder haben es ihm nicht leicht gemacht, der Weg ist übersät mit Hindernissen, die Sicht ist durch kaum durchsichtige Hauben über den Atemschutzmasken ohnehin fast null. Nebenbei sind Feuergeräusche oder Schreie zu hören, ein Feuerwerkskörper explodiert, leere aufgestapelte Kartons stürzen neben den Feuerwehrleuten um und simulieren das Herabfallen von Teilen. Der Trupp behält trotzdem die Ruhe, bewertet die Situation als gefährlich und führt eine Crash-Rettung des verunfallten Kameraden durch, bis ein sicherer Bereich erreicht ist. Er atmet noch, so dass hier mit einem mitgebrachten Atemschutzgerät die Luftversorgung wieder hergestellt wird. Mit weiteren Unterstützungskräften, die zwischenzeitlich nachgekommen sind, wird der Kamerad so schnell wie möglich ins Freie gebracht, um dort an den Rettungsdienst übergeben zu werden.
Diese anspruchsvolle Übung ist der Abschluss eines Fortbildungstages, in dessen Verlauf die neun Ausbilder aus vier Ortswehren mit den Teilnehmern zahlreiche Szenarien und das jeweils angepasste Verhalten zunächst theoretisch besprochen und in kleineren Übungen vorbereitet haben. Die Teilnehmer der Ausbildung sind am Ende ziemlich durchgeschwitzt und kaputt, aber hoch zufrieden. Unisono heisst es: „Die Ausbildung hat sich gelohnt.“ Viele finden auch die „enge Zusammenarbeit in gemischten Gruppen echt gut“. Reiner Wode sagt dazu: „Weitere Fortbildungsveranstaltungen sind bereits in Planung, im Herbst wird diese Veranstaltung mit weiteren Teilnehmern wiederholt, um möglichst viele der Atemschutzgeräteträger fortzubilden.“
Den Übungen gehen Gerätekunde und Test verschiedener Transportmöglichkeiten vorweg.
Ein leichter Sicherheitstrupp geht am Schlauch entlang vor, um einem in Not geratenen Trupp zu helfen.
Die Sicht wird durch Hauben vergleichbar Rauch in einem Gebäude erschwert.
Hindernisse erschweren das Vorgehen, gerade beim Transport verunfallter Kameraden, erheblich.
In Gebäuden ist jedoch ebenfalls mit Einrichtungsgegenständen, Ecken und Nischen zu rechnen.
Der Sicherheitstrupp erreicht den verunfallten Kameraden, sehen, hören, fühlen, Lagebwertung:
Was hat er, welche Gefahren drohen und welche Form der Rettung ist richtig?
Ein schwerer Sicherheitstrupp mit weiterem Gerät, hier ein Schleifkorbtrage, wird nachgefordert,
um den Kameraden transportieren zu können.
Rettung des Kameraden durch leichten und schweren Sicherheitstrupp. Atemschutznotfälle können
personalintensiv sein,der Wahlspruch„Alle für Einen“ wird praktisch erlebbar.